Die Metallplanken auf unserem Bootssteg waren schon kalt an den Füßen. Trotzdem wollte ich nicht nur barfuß ins Boot, sondern vor allem die Schuhe auf dem Steg lassen. Irgendetwas von Nicolaus hatte ich gehört?! Kommen sollte er laut Kalender aber erst morgen.

Die Lichter hatte ich mir um Bauch und Schwimmweste montiert. Ich sah aus, wie ein wandelnder Tannenbaum. Vielleicht, durch die rote Schwimmweste auch ein wenig, wie der Weihnachtsmann. Christiane Thiel hatte ihre Lichter geschickt auf dem ganzen Boot verteilt, welches, wie ein riesiges Geschenkpaket funkelte. Petra Werner hatte nicht nur die Fahrt eingefädelt-; sondern auch ihre Lampen an Bug und Heck. „Was habt ihr denn vor?“ fragte lachend Tina, die uns, ihre Bahnen ziehend beobachtete. „Wir suchen ein gemütliches Plätzchen für unseren Glühwein!!!“ antworteten wir im Chor und legten endlich in Richtung Palmengartenwehr ab. Dann paddelten wir weiter die Elster hoch bis weit hinter Herold, der leider keine Bratwurst auf dem Grill hatte. An seinem Steg geklammert hielten wir uns einer am Boot des anderen fest und der erste Becher Glühwein konnte von einem zum anderen kreisen. Es gab noch viele Bootsstege auf dem Rückweg. In der Dunkelheit aus Leipzigs Gewässer funkelten wir wie die Sternlein über uns. Kinder riefen ihren Eltern zu: „Guckt mal! Guckt mal! Die vielen Lichter auf dem Wasser! Jetzt dürfen wir uns bestimmt etwas wünschen!“

Lautlos und unsichtbar näherten sich mit hoher Geschwindigkeit die Rennboote der DHfK auf ihrer „dunklen“ Trainingseinheit. Einige grüßten mit fröhlichem „Hallo!!“ und „Ihr seht ja lustig aus!“ Andere schimpften, weil wir nebeneinander paddelten. „Ihr seid nicht die einzigen auf dem Wasser.“ „Aber die einzigen, die man sieht.“ Konterten wir zurück und machten Platz.

Zurück, am fast unsichtbaren, sich in die Dunkelheit schmiegenden Bootssteg der LVB, nicht nur die nackten Füße waren allmählig kalt. Kam einer unserer jüngsten Kanuten über den Damm gelaufen: „He Leute!“, rief er seine Trainingskameraden „Guckt mal! Da kommt der Weihnachtsmann.“ Und die ganze Gruppe stürzte hinterher. „Oh Tannenbaum…“ sangen sie lachend und prustend… Doch so komisch sahen wir aus?

Erst später hörte ich, dass es früher Tradition war, am Tag vor Nicolaus viele Lichter entlang der Leipziger Flüsse zu entzünden. Meistens waren Elster, Pleiße, Luppe und auch die Parthe zugefroren. Ganz mutige schnitzten sich aus den Wadenbeinen der Schweine – später wurden die dann als Eisbein eine Leipziger Spezialität – Kufen für die Schuhe, die ersten Schlittschuhe, damals eben Eisbein genannt und liefen schlitternd dem Nicolaus mit Fackeln entgegen.

Bestimmt hat Petra in einem ihrer vielen Bücher davon gelesen und zur Lichterfahrt in unseren Kanus eingeladen. Hoffentlich lädt sie im nächsten Jahr wieder dazu ein. Und hoffentlich, kommen dann ganz viele aus unserem Haus und auch den anderen Leipziger Paddelvereinen. Wir treffen uns dann zur Nicolaus-Lichter-Sternfahrt, um uns und andere, mit bunten Strahlenden Lichtern und Leuchten zu erfreuen. Vielleicht hört man dann beim Singen nicht mehr so viel Ironie, sondern Vorfreude.

Bis bald

Thomas Weiskirchen