Burano oder Murano, welche Insel ist welche? Auf welcher gibt es Glas, auf welcher gibt es bunte Häuser?
Ah! Auf b, wie bunt gibt es bunte Häuser und auf Murano das berühmte Glas! Beinahe hätten wir es verpasst. Unsere Paddelfrequenz war einfach zu hoch. Unsere Motivation ganz oben.
Ja wir waren dabei!! Wir, die Drachenbootfahrer der LVB! Und weil unser Verein schon eine so lange Tradition hat, aus der schon vieles hervorgegangen ist, bzw. schon viele bei uns das Paddeln gelernt haben, besetzten wir unsere Boote gemeinsam mit erfahrenen „Voga-Longa-Abenteurern“ vom Kanal 28.
Nach 1000 km Autobahn, mit Mann, Frau, Kind und Boot, sollten 10 km Anpaddeln auf der Lagune bis zum Markusplatz ein Klacks sein, selbst, wenn man im Hinterkopf behielt, dass wir auch zurück müssen und die Runde um die Inseln auch noch 30 km Wasser unterm Kiel bedeuteten.
Endlich am 05.06.2022 um 9:00 Uhr donnerten vom Markusplatz die Kanonen. 1500 Boote mit ca. 7000 Frauen und Männern Besatzung stachen in See. Es wurde gerudert und gepaddelt und ehrlich, ein paar Tretboote waren auch dabei. Nur Motorenlärm fehlte Gott – oder besser den Organisatoren in Venedig – sei Dank. An den flachen Inseln von Sant‘ Erasmo vorbei, die kleinen Inseln um Burano links liegen gelassen, machten wir endlich die erste Pause im Windschatten der bunten Häuserzeilen, um Wasser in uns rein und raus zu lassen. Bis zu den Knien im Schlamm ziehen wir unsere Boote aus der Lagune. Die Voga-Longa Profis unter uns beratschlagen sich: Haben wir schon die Hälfte geschafft oder liegt das meiste noch weg zu paddelnde Wasser noch vor uns? Ein weiteres Drachenboot, mit schwarz trikotierten Seefahrern strandete neben uns auf dem unbewohnten Schlamminselchen. „Wo seid Ihr denn her?“, fragen wir. „Na aus Leipzig!“ Irritiert werden wir angestarrt: „Wir haben bei euch, bei der LVB zum Drachenboot-Firmencup das Paddeln gelernt.“ Man sollte sich Gesichter eben besser merken. Wir werden uns noch ein paar Mal auf der Fahrt begegnen, zum Quatschen kommt keine Gelegenheit mehr.
Hinter Burano queren wir die Lagune Richtung Murano. Auf den Balkonen applaudieren uns die ersten Glaskünstler und geben uns einen Vorgeschmack auf den Canale Grande. Um in diesen zu gelangen müssen wir anstehen, Stau auf der Lagune. Die schmale Einfahrt gleicht einem Kampfplatz mit von tausend Rudern und Paddeln aufgewühlter Gischt. Pfeifende Polizia Municipale am Ufer, schreiende Paddler, verknotete Ruder und alle wollen rein, durch den Canale Grande nach Venedig. Wir sind froh einen erfahrenen Steuermann zu haben, der nach 25 km stehen im Boot die Übersicht behält und uns zur Triumphfahrt routiniert in den Kanal lenkt. Zu beiden Seiten sitzen die Venezianer und Touristen. Klatschen, rufen und singen. Die mittlerweile bleiernen Paddel in unseren Händen schmelzen wieder zu Federgewichten. Und dann, kurz vor dem Ziel beflügeln auch die von uns mitgebrachten Fans der LVB Leipzig unseren Paddelschlag. Sie reißen mit Ihren begeisterten Rufen nicht nur uns mit, sondern auch alle anderen im Café, in dem Sie seit Stunden auf uns wartend ausharrten. Franzosen, Engländer, Holländer und, und, und… schreien und applaudieren uns und treiben uns zu einem letzten Spurt ins Ziel an. Diesem nähern wir uns mit auf Holzplanken wundgeriebenem Hintern und reichlich Blasen an den Händen. Es bleibt kaum noch Kraft, den anderen Booten, die wir lautstark am Morgen mit Hello, Bonjour, God morgon, Dobré ráno, Calimera, Buongiorno … begrüßt haben: Adios, Tschau, Tschüß und, und, und zuzurufen. Wir nehmen unsere Medaillen und Urkunden in Empfang. Auf den quälenden 10 km zurück, auf dem wir mit aufgewühlter See und mittlerweile hohen Wellen kämpfen, spricht es noch keiner aus, aber alle warten auf die Frage: „Und, nächstes Jahr wieder!?“
„Na klar!!!“
Autor: Thomas Weiskirchen